Freitag, 17. Februar 2012

Es gibt wichtigere Dinge als in Frieden zu leben! (A.Haig)




U.F.D. (Uncounted Faces Of Death) -
First Demo (C-20, 1988, unveröffentlicht)



Und jetzt: UFD. Eigentlich ja Uheffdeh, aber ausgesprochen haben es alle immer "Ufd"... Die - wie sie sich ursprünglich nannten "Uncounted Faces Of Death" - sind so etwas wie das Flaggschiff (um mal einen herrlich unpassenden militärischen Ausdruck zu verwenden!) der Spät-Achtziger/Früh Neunziger Hanau Punkszene.

Keine Hanauer Band war krasser, härter und kontroverser. Und sicher auch keine bekannter in der internationalen Hardcoreszene. Und ganz gewiss auch keine eindrucksvoller und energiegeladener bei Liveauftritten. Ich glaube, ihre superharten, superkurzen Punkausbrüche mit einem Frontmann, der alles tat  ausser schöne Melodien zu singen - schreien, brüllen, röcheln, heulen, kreischen und sich dabei auf dem Boden wälzen, vorangepeitscht von dem unfassbar präzisen Höchstgeschwindigkeitsdrummer Jeff - konnten damals niemanden, der sie erlebte, unbeeindruckt zurücklassen, selbst wenn er mit den schweren Metalriffs, die UFD-Gitarrist Arno einbrachte, vielleicht nur wenig anfangen konnte (wie z.B. ich selbst, als ich zum ersten Mal irgendwann im Herbst 1987 im Hanauer Kultur-Basar live sah).





Das Wunderwort von der Authenzität muss hier zwangsläufig mal wieder bemüht werden, denn scheiße nochmal waren UFD authentisch in dem, was sie da taten!
Live verstand man zwar kein einziges Wort, aber durch die regelmässig bei Konzerten verteilten Textblätter wurden Themen wie Sexismus, Rassismus, und die sonstige Ausbeutung von Mensch & Tier (etcetera etcetera!) dem Publikum näher gebracht, als manchen der Metallica-/ Smiths-/ oder Depeche Mode hörenden Kids (wie uns!) im Publikum erstmal recht war. Politisierung durch künstlerische Mittel - immer noch die effektivste und nachhaltigste, die es gibt! Da UFD ihren Proberaum und ihre ersten Konzerte im "Haus" hatten - dem autonomen Kulturzentrum Metzgerstrasse in Hanau, das inzwischen seit über 25 Jahren (!) besetzt ist - stand die Band quasi als Sinnbild für eine damals politisch hochmotivierte autonome Szene und hatte dadurch eine Autorität, die viele (wenn nicht alle) anderen "Punk"Bands in der HU-Szene irgendwie beeinflusste.

Um mal kurz wieder in den autobiografischen Modus zu schalten, der mich ja schließlich immer wieder antreibt, dies alles hier zu schreiben: weder der abstruse Star-Trek Hit "Uhura" (siehe hier) von Asozialsky und Hatsch - eine direkte dadaistische Reaktion auf den Zwei-Sekunden-UFD-Klassikers "Es gibt wichtigere Dinge als in Frieden zu leben" - noch die musilalische Härte der Kaktuxxe in ihrer Anfangsphase (namentlich ihre erste Single "Fight The Nazi-Baby", siehe hier) wären ohne die direkte Beeinflussung durch das Phänomen UFD so denkbar gewesen!





Einen sehr umfangreichen Rückblick auf die gesamte UFD-History bietet deren myspace-Seite (von der auch die hier präsentierten Videoclips stammen), die gesamte Diskographie von UFD kann man irgendwo anders im Netz finden (wenn er will, kann der Herr Schlawiner den link zum entsprechendem blog bei den Kommentaren nochmal posten?).

Damit aber genug von meinen eigenen Worten! Das heute vorgestellte tape von UFD ist nämlich eine große Rarität, über deren Entstehung aus erster Hand berichtet werden soll. Deshalb schalten wir nun um zum EX-Sänger Norman, der freundlicherweise folgenden Text verfasst hat, der sich mit seiner Detailbessesenheit sehr elegant in das Labertaschen-Format dieses blogs einfügt! Bitte, Norman:

"Nachdem im Oktober 1988 Jeff (drums) zur Band gestossen war, hatte sich die langlebigste Besetzung (1988-92) von UFD gefunden: Jeff, Arno (gitarre), Roi (bass) und ich, Norman (gesang). Im Dezember 88 machten wir uns dann daran unser erstes offizielles Demo-Tape aufzunehmen. Mit dabei natürlich auch unser langjähriger Soundtechniker Steini.
Wir liehen uns also ein 4-Spur-Sony-Tapedeck - mein Gott, was für eine steinzeitlich anmutende Technik aus heutger Sicht - packten unser Equipment ein und machten uns auf den Weg nach Ravolzhausen in den Keller des Hauses von Roi´s Eltern.
Eine erste deutliche Erinnerung ist die Fahrt von Hanau nach Ravolzhausen. Aufgrund von plötzlich einsetzenden Schneefällen brauchten wir für die 10 km knapp 3 Stunden. Ohne Scheiss. Das zweite an das man sich erinnert war der äusserst knapp bemessene Platz des Aufnahmeraumes. (Ich erinnere mich nicht mehr, warum wir das eigentlich nicht in unserem Proberaum in der Metzgerstrasse gemacht haben?) Verstärker, Schlagzeug, Aufnahmeequipment plus 5 Personen in einem ca. 3x3 Meter grossem Raum. Wir nahmen Live im "Studio" auf, also alle Instrumente gleichzeitig und in dem winzigen Räumchen war an Bewegung überhaupt nicht zu denken. Die einmal eingenommene Position musste beibehalten weden, es wr unmöglich zu verhindern, dass alle 4 Mikros alle Instrumente gleichzeitig aufnahmen.
Unter diesen suboptimalen Bedingungen nahmen wir acht Stücke auf, die dann auf dem Tape noch durch drei Livestücke ergänzt wurden. Damals waren wir sehr unzufrieden mit der Soundqualität des Tapes, was dazu führte, dass die Aufnahmen nahezu unveröffentlicht blieben, auch deshalb, weil sich uns schon kurz darauf die Möglichkeit eröffnete, in Homburg an der Saar im Studio von 2Bad professionellere Aufnahmen zu machen. Wir haben damals nicht mal ein Cover oder Casettenlabels gemacht für die Tapes, es blieb eine schmucklose schwarze Casette ohne jegliche Aufschrift. (Anm.: Für die Wiederveröffentlichung auf unpop kam Norman allerdings nicht umhin, ein Cover zu gestalten, denn bei unpop hört das Auge mit!) Ich schätze heute, das wir ca. 20-25 Kopien von dem Tape angefertigt haben, die wir unter Freunden und Bekannten verteilten. Eine echte Rarität also.
Dabei handelt es sich um historisch bedeutendes Material, sind es doch die einzigen Studio- oder Proberaumaufnahmen, die von den Songs "Rich & Poor" und "Alte Bilder" existieren. Besonders interesant ist dabei "Alte Bilder", war es doch eines unserer wichigsten Lieder! Neben "Negerkussperversion" der einzige Song, der vom ersten bis zum letzten Konzert fester Bestandteil unseres Liveprogramms war. Es bildete immer den Abschluss und Höhepunkt unserer Gigs und Jeff zerlegte beim Finale regelmässig sein Schlagzeug. Der Text von "Alte Bilder" stammt übrigens von Jochen, unserem ersten Drummer. Im Download enthalten sind auch einige Scans von "zeitgenössischen" Textblättern, die wir damals auf Konzerten verteilten.
Aus heutiger Sicht wundere ich mich etwas, dass wir das Tape damals so schlecht fanden, der krachige Sound stört mich heute gar nicht mehr, schön roh und rauh, eigentlich genau passend zu den Songs die wir zu dieser Zeit spielten.  Ich selbst habe die Aufnahmen seit mindestens 15 Jahren nicht mehr gehört und geniesse die Zeitreise, und ich hoffe es möge einigen von euch genauso gehen. "

Download UFD "First Demo" hier: Mediafire

A1. Kinderaugen
A2. Makers
A3. Es gibt wichtigere Dinge...
A4. Negerkussperversionen
A5. Alte Bilder

B1. Heilige Dreifaltigkeit

B2. Frau
B3. Rich & Poor
B4. Aktion Sorgenkind (live)
B5. TAMITTTLIP (live)
B6. Bomben (live)





01 U.F.D. Makers

U.F.D. (Uncounted Faces of Death) | Myspace Video



U.F.D. were without a doubt the best known Punkband from Hanau in the late 8oies/early 90ies. You can read their complete biography in english at their myspace and find most of their tapes, 7''es and their LP for free somewhere else in the net. But what we have here is their very first demo tape, recorded on 4 Tracks and never properly released before. It even contains some songs that were never recorded again ("Alte Bilder", "Rich & Poor") and was donated by Ex- UFD singer Norman. Thanks a lot!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

ich möchte darauf hinweisen, das wir ständig mit den autonomen holzköpfen in der metzger im streit lagen! ja, damals schon.