Mittwoch, 25. Januar 2012

Ich glaub mich tritt ein Fisch!



Fishkicks: Sommer 19/90
(C-46, 1991, sht 010)


Die Fishkicks, jaja die Fishkicks... Wieso zum Teufel steht hier im blog bisher eigentlich so wenig über die Fishkicks? Die allerschrägsten und/oder unanhörbarsten Magnettonbänder habe ich hier schon mit Freude diskutiert, aber diese solide kleine Hippie-Punkband wurde bisher schmählich übergangen!


Hippie Punk.
Hippie Punk?? Eigentlich wollten die Fishkicks ja Deutschpunk sein - bei 50% der Stücke kann man einen überdeutlichen EA80 und Boxhamsters-Einfluss heraushören - die übrigen Songs waren aber gerne auch mal getragene Indierock-Nummern, zaghafte Hardrockversuche (unter dem Einfluss von Rauties 70-er Jahre Schallplattensammlung, die wir damals für uns entdeckten) oder eben auch richtige Hippie Balladen! Gerne verunsicherten wir vor allem orthodoxe Punker mit der Bemerkung, daß wir tief im Herzen ja eigentlich Hippies seien.... "Na klar, ihr hängt ja auch in einer Künstlerkomune rum, natürlich seid ihr welche!" Hat zwar nie einer von denen geantwortet, aber ich vermute, so haben sie sich's erklärt. Und ja vielleicht sogar recht damit gehabt?

Diese stiefmütterliche Behandlung, die sich die Fishkicks seit fast 5 Jahren hier auf diesem blog gefallen lassen müssen, ist irgendwo symptomatisch für die gesamte Geschichte der Band. Dauernd war (und ist) was anderes wichtiger als die Fishkicks und sie kamen damals, in den Neunzigern bei der Künstlergruppe KIX meistens zu kurz - die zahlreichen übrigen KIX-Aktionen/ Ereignisse/ Bands bekamen immer wieder gerne den Vorrang... Na ja, eigentlich der übliche Ärger mit Zweit- oder gar Drittbands. Zuwenig Zeit, alles zu machen, was man machen will.


Fischtritt-Illu von Raul

Der Anfang.
Aber erstmal von vorne:
Raul und ich hatten einen Stapel neuer Songs, die wir "als Projekt" mit dem Schlagzeuger der Schwiegersöhne - Florian Dröse - auf dem Vierspur Kassettenrekorder aufnehmen wollten. Eigentlich wollten wir also nur mal so'n bisschen rummachen - aber dann wurde es gleich mehr! Denn wir bemerkten schon nach den ersten Sessions sehr schnell, daß der musikalische Input, den der Flo gab, sich ideal mit unseren Ideen verband, ja, dass er eigentlich genau der Drummer war, nach dem wir schon eine ganze Weile gesucht und in unseren Bisherigen nicht gefunden hatten.

"Uns wurde allzu schnell klar, daß der flo mehr als nur ein weiterer schlagzeuger war, mit dem wir Sessions machten: seine brillianten Ideen veredelten diese "nur" raul & tvuzk -sonx in einer solch unverschämten art + weise, daß wir nur so mit unseren 6 ohren schlackerten (und nicht, wie einige schlecht informierte sexisten in der spex schrieben, mit den Hoden!): A STAR WAS BORN: Wir nämlich." (aus dem Booklet zum tape)

Wir nahmen also in diesem Sommer - 1990 natürlich - annähernd vier Stunden Material auf, entwickelten sowohl neue Songs als auch neue Arrangements für Alte - und entdeckten den Spass, den richtige Hippies an ausschweifenden Improvisationen haben können. Als wir nach ca. 3 Wochen täglicher Recording Sessions mit unseren Aufnahmen soweit fertig waren, daß der Gesang auf die Musik aufgenommen werden sollte, geschah dann leider folgendes: unser Vierspur Rekorder verreckte!


Fischtritt-Illu von Rautie


Eine Reperatur musste aus Geldgründen erstmal aufgeschoben werden, kurzfristig war das viele viele Geld (über 100 Mark!!) bei unseren Lebensumständen damals nicht aufzutreiben - das Projekt schien schon gescheitert! Dann kam auch noch unser Comiczeichner-Kumpel Rautie früher als erwartet aus dem Urlaub zurück, wo ihm nur Schlechtes und Kostenintensives widerfahren war... die ursprünglich euphorische Stimmung des Sommers 19/90 ging also zielstrebig nach unten!
Dann hatten wir aber die Idee mit der Schweinehundparty!

Die innere Schweinehund Party.
Ein sturmfreies Elternhaus und das gesteigerte Bedürfniss nach Spaß ließ uns auf die Idee kommen, eine Party zu machen. Aber eben nicht nur eine Party, sondern die hochofizielle "Der innere Schweinehund Party" im Namen unseres Fanzines, das sich in seiner zweijährigen Existenz bereits einer großen Beliebtheit erfreute. Der Ruf verpflichtete und so wurde für diese Party verschiedene Spezial-Programmpunkte erarbeitet, die sie von einem normalen Saufgelage unterscheiden sollte: Kunstausstellungen, Videoinstallationen, Haarschneideperformances und nicht zuletzt "Der Kaninchenexpress" - eine Führung in den natürlichen Lebensraum (= das Zimmer unserer Schwester Lara) des berühmten Kultkaninchens Fleischmann (Wer Fleischmann war? Siehe hier).


Introducing the Party:
Rautie hielt die Eingangsrede



Wichtige Gäste wurden eingeladen (neben diversen Größen aus der damaligen Comicszene z.B. auch die Boxhamsters, die - wenigstens teilweise - tatsächlich aus Gießen angereist kamen!). Und als Eröffnungsspektakel also das erste Livekonzert der Fishkicks. Das war natürlich nur halb so spektakulär, wie es jetzt an dieser Stelle klingen müsste, denn unsere ganzen schönen neuen Lieder hatten ja größtenteils noch keine Gesangsmelodien und keine Texte.


Livedebüt: Die Fishkicks live auf der Schweinehund Party


Deshalb mussten wir auf die Nummern zurückgreifen, die wir mit Asozialsky und Hatsch schon seit 2 Jahren spielten (z.B. "Summertime" oder "Kassel" - die Orginalversionen dieser Nummern kann man hier finden). Dazu gab es auch eine Coverversion von Flo's bisheriger Band - Linus Volkmann's Schwiegersöhne (click hier) nämlich - bei unsere Version von "Waffen für die Welt" betätigte sich Flo sogar als der Leadsänger.


Fishkicks live 1990



Sang die alte Schwiegersöhne-Schnulze live: Flo



Erfand den Rock'n'Roll an diesem Abend neu:
Rautie gibt sein Debüt als Sänger



Kritische Blicke der Partygäste während des Fishkicksauftritts
(natürlich völlig zu unrecht kritisch!)



Nabelschau (warum eigentlich??) prominenter Schweinehund
Partygäste:
tvuzk (ich) , Philip (Boxhamsters), Co
(Boxhamsters) und Frunk (Mann der 90-ger Jahre)


Zwei Legenden aus den 90-ern vor dem A&H Banner:
Frunk und Eugen (Sänger der Gießner Kultpunkband
"Eugen & der effektive Jahreszins")



Herbst 19/90.
So also war der Sommer 19/90 wirklich - und schon im Herbst kamen die Fishkicks - wie eingangs schon erwähnt - erstmal wieder zu kurz. Denn statt weiter am Repertoire zu arbeiten, nahmen wir Flo mit zu den Proben der Kacktusse?Punk, mit denen wir uns ja bereits seit 1989 - bisher aber leider eher erfolglos - versucht hatten, die allerkrasseste Punkband von ganz Hanau zu werden.

Mit Florian Dröse am Schlagzeug bekam die Band nun einen agressiven Drive, den die groovigen Rhythmen von Manutchehr bisher nicht erreichen konnten. Und da wir ja lieber Punk- statt Funk-Band sein wollten, konnte sich dieser nun am Mikrofon austoben und - wie man so schön sagt - kreativ entfalten. Nur eben die Fishkicks wurden dadurch schon wieder vernachlässigt, ja beinahe schon vergessen.

Erst Anfang 1991 - der Vierspur Rekorder war endlich repariert - erinnerten wir uns an unsere kleine Sommerpunkband und besangen nun endlich die Stücke aus dem Sommer 19/90. Im Frühjahr erschien es dann endlich - das erste Fishkicks Tape!!
Frühjahr 19/91? Genau, das war die Zeit, in der die Kaktuxxe so richtig loslegten, regelmässige Konzerte in ganz Deutschland spielten, Schallplatten und CDs aufnahmen - obendrein hatten wir auch noch den KIX-Verlag gegründet hatten und arbeiteten fieberhaft an den ersten Comicbuch-Veröffentlichungen... da hat doch keiner Zeit noch Lust, jetzt auch noch die ganzen Fishkicks-Lieder dieser Kassette einzustudieren (geschweige denn die Texte auswendig zu lernen!). Das dauerte noch ein gutes Jahr, bis die Fishkicks dann endlich mal etwas aufdrehten, zahlreiche Konzerte hier und da spielten und auch endlich mal ne eigene Schallplatte machten (mit der wir es hier früher oder später natürlich auch zu tun bekommen werden!).


Fischtritt-Illu von tvuzk


Gut, einige Stücke dieser Kassette waren noch viele Jahre später fester Bestandteil des Fishkicks-Repertoires und erschienen später sogar in anderen Versionen auf Vinyl ("Popstars" und "Glücklichmensch"). Auch Nummern wie "I wish I was Dead" oder "Summertime-Blues" (eine ironische Bluesversion des Asozialsky & Hatsch Kloppers "(I hate the) Summertime", da war schon es wieder, der Hippietum in unseren Punkerköpfen!) wurden gerne gespielt.
Und ganz
besonders das ausufernde ins
trumentale Krautrockstück "Mega" (auf der Kassette 8 Minuten, live selten unter 20) war das Highlight für jeden aufrechten Hippie-Punk auf Fishkicks-Konzerten (von denen dort allerdings meist nur 3 anwesend waren, nämlich wir selbst). Aber Songs wie "Sunshine", "Sommer 19/90" (der Titelsong, mit Congas & Keyboard, was für 'ne Hippiekacke!) oder das hysterische "Rocky Horror" haben wir schlicht und ergreifend niemals wieder live gespielt. Wo wollten wir damit nur hin? Frag ich mich heute. Ein bisschen froh, dort nicht angekommen zu sein.

Auf jeden Fall ist es gut und versöhnlich, dass die Fishkicks jetzt hier auch mit dabei sein dürfen, denn jetzt gibt es das Sommer 19/90 Tape zum kostenlosen Download. Und es enthält natürlich auch das 24-Seitige Booklet, das der Erstauflage beilag: alle Texte handgeschrieben und dazu exklussive und längst vergessene Comics & Illustrationen von Rautie, Raul, Flo und mir.

Download "Sommer 19/90" hier: Mediafire



Bonus!
Als Bonusdownload gibt es ausserdem noch - aus den Untiefen meines Tapearchivs zum ersten Mal hinaus in die Welt - den Orginalmitschnitt vom ersten Fishkicks-Konzert auf der besagten Schweinehundparty (vergl. Fotos oben)!

Hört uns "Durst" spielen (ein verlorengegangener Hi
t, aus dem wir noch viel hätte machen können) oder den alten Gassenhauer "Kassel", hier mit mit Rautie am Mikrofon - und eben auch die bereits erwähnte Schwiegersöhne-Coverversion "Waffen für die Welt" ("...ein Oldie aus den Achtziger Jahren"). Und mehr so Zeug. Wilder, ungestümer Hippie-Punk eben. Das Programmheft zur "Inneren Schweinehundparty" liegt als pdf auch noch bei - mach die Augen zu, dann fühlt es sich an als wärst du mit dabei gewesen. Ja - fast ist wieder 19/90!



Download: "Fishkicks live - Die innere Schweinehund Party 14.8.1990" hier: Mediafire


Finally I've made it! Here is the first Fishkicks post on unpop. Fishkicks were one of my favourite bands I've been in (in the nineties). For almost 5 years since I'm doing this blog i managed to postpone to write about them. Now finally they're here - with their first tape released 1991 and with an original bootleg recording of their first live appearance at the "Innere Schweinehund Party". I guess "Schweinehund" is the only word you understand. And hey - you are right!





1 Kommentar:

Raul C.O. Kauke hat gesagt…

Schön erzählt, die Geschichte! Danke.
Da weiß ich noch zu ergänzen, dass ich während Täpe-Aufnahmen nachts von 2 bis 10 Uhr mit Frunk im Ferienjob Waschmaschinen geschleppt habe. Diese zwei historischen Wochen im Sommer 19/90 fanden übrigens direkt im Anschluß an den gewonnen Weltmeisertitel statt.

Zu dem Foto "Nabelschau" weiß ich. Es ging in diesem Gespräch darum, wer die längste "Ameisenrennbahn" unter dem Bauchnabel hatte. Deutlicher Sieger natürlich: Co (2.v.l.).

Wer ist der junge Mann im Foto darüber zwischen Frunk und Matze?

Schön ist auch die Episode, bei der wir lange in meinem Zimmer herumsassen und einen Namen für die Band suchten. Einbezogen in die Diskussion waren Rautie und Lara, die ja auch wunschön im Alter von 9 Jahren auf dem Täpe zu Worte kam.